BEETHOVENS STREICHQUARTETTE DER LETZTEN SCHAFFENSPERIODE
SEINE RÜCKKEHR ZU DIESER KOMPOSITIONSGATTUNG
UND FÜRST GALLITZINS AUFTRAG IM JAHR 1822
UND DESSEN VERZÖGERUNG IM JAHR 1823



 

Beethoven 1823



Unsere Überleitung zur Entstehungsgeschichte der letzten Beethoven'schen Streichquartette führte uns also ins Jahr 1822 hinein.   Wie wir uns den schaffenden Beethoven zu dieser Zeit vorzustellen haben, veranschaulicht Maynard Solomons folgender Bericht:

"Johann Sporschil, a publicist and historian who was then studying in Vienna, described the Beethoven of 1822 and 1823 as "one of the most active men who ever lived" and recalled that "deepest midnight found him still working."  He often failed to appear for meals and gatherings, to the dismay of his housekeeper and friends.  His absent-mindedness increased:  he would forget his hat and be seen bareheaded in inclement weather, his long gray hair dripping in the rain.

    Everything was subordinated to his work.  He no longer strove for the heights of personal gratification; the small pleasures of life--walking, eating, drinking, conversation, an occasional pipe--were sufficient.  He had reached a stage where he had become wholly possessed by his art. . . . " [Solomon: 266; --

-- Solomon berichtet hier, dass Johann Sporschil, ein Publizist und Historiker, der zu dieser Zeit in Wien studierte, den Beethoven der Jahre 1822 und 1823 als "einen der aktivsten Männer, der jemals lebte" beschrieb, und sich daran erinnerte, dass "die tiefste Mitternacht ihn noch bei der Arbeit fand."  Er sei oft nicht zu den Mahlzeiten und zum geselligen Beisammensein erschienen, was seine Haushälterin und seine Freunde enttäuscht habe.  Er sei auch zerstreuter geworden:  er soll oft seinen Hut vergessen haben und bei schlechtem Wetter ohne Hut ausgegangen sein, so dass sein langes, graues Haar vom Regen triefte.

   Alles sei seiner Arbeit untergeordnet gewesen.  Er habe nicht mehr nach höheren persönlichen Genüssen gestrebt, sondern sei mit den kleinen Freuden zufrieden gewesen:  spazierengehen, essen, trinken, sich unterhalten, gelegentlich eine Pfeife rauchen.  Er habe einen Zustand erreicht, in dem er ganz von seiner Kunst besessen gewesen sei].

Vielleicht verdeutlicht dies auch ein Blick auf die Zeichnung von Beethoven im Jahr 1823 im Gasthaus.  Seine vor Kraft geballten Hände und sein Gesichtsausdruck sprechen für sich selbst. . . .




Beethoven 1823



Wann befasste sich Beethoven jedoch im Jahr 1822 wieder mit Streichquartetten?    Seinen Zeilen an den Leipziger Musikverleger C.F. Peters vom 5. Juni 1822 zufolge musste er zumindest mit dem Gedanken daran gespielt haben:

   "Beethoven an Carl Friedrich Peters in Leipzig

                                                                                                           Wien am 5ten Juny 1822

Herrn C.F. Peters Musique und Kunsthändler in Leipzig!

Euer Wohlgebohren!

. . .

. . . <In der Arbeit sind eine> eine Solo Sonate für das Klawier[18] 40 Ducaten, welche Sie bald haben könnten, Ein quartett für 2 Violinen Bratsch und Violonschell[19] fünfzig Dukaten, welches Sie ebenfalls bald erhalten könnten. -- -- -- -- --

. . .  In Erwartung einer baldigen Antwort Ihr mit Achtung ergbster

                                                                                                                      ludwig van Beethoven"

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Bd. 4, Brief Nr. 1468, S. 488 - 494; Original:  Beethoven-Haus, Bonn; zu [18]: verweist laut GA darauf, dass es keinen Beleg dafür gibt, dass Beethoven in dieser Zeit an einer weiteren Klaviersonate arbeitete; zu [19]: laut GA sind für diese Zeit keine Skizzen zu einem Streichquartett nachweisbar; Einzelheiten S. 490 -491 entnommen].

Zu Beethovens Kommentar, dass Peters das Quartett bald haben könnte, merkt TF [S. 789] an, dass dies nahelege, dass Beethoven bereits mit seiner Arbeit am Es-Dur-Quarett, Op. 127 begonnen haben könnte. Dem steht die GA-Feststellung in Fußnote 19 von Brief Nr. 1468 entgegen, dass es für Skizzen zu einem neuen Streichquartett Beethovens zu dieser Zeit keinen Nachweis gebe. Wie dem auch sei, Peters biss zwar gleich an, wollte aber ein niedrigeres Honorar aushandeln:

"Carl Friedrich Peters an Beethoven

Hr. L. von Beethoven in Wien

                                                                                                               Leipzig den 15. Juny 1822

. . .

. . . endlich möchte ich wohl auch noch Ihr neues Quartett für 2 Viol & c. haben,[3] allein 50. Ducaten möchten doch meine Kräfte übersteigen, denn das theuerste, was ich bis jetzt für ein Quartett für Viol. zahlte, waren f 150.[4] C.M. und ich habe dabei zu thun ehe ich meine Rechnung finde.[5] . . . "

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Bd. 4, Brief Nr. 1469, S. 495-498; Original:  1. Doppelblatt: Wien, Stadt- und Landesbibliothek, 2. Doppelblatt:  Bonn, Beethoven-Haus, Sammlung Bodmer; zu [3]: laut GA kreuzte Beethoven dies an; zu [4]: laut GA schrieb Beethoven darüber mit Bleistift:  "N.b." und am unteren Rand dazu die schwer lesbare Anmerkung: "dieses <ist>wenigstens kann ich ihm tiefer [?] nicht bieten vieleicht später ein andres da d.g. [darüber: "gerade selbige"] hier am Stärksten + + honorirt werden." Zum Vergleich verweist die GA auf Beethovens Antwort in Brief Nr. 1478 vom 6. Juli 1822; zu [5]: laut GA schrieb Beethoven daneben mit Bleistift: "in # macht dieses 33# fl. w.[w.]"; Einzelheiten S. 498 entnommen].

Beethoven bestand jedoch weiter auf seinem angesetzten Honorar von 50 Dukaten:

"Beethoven an Carl Friedrich Peters in Leipzig

                                                                                                                       [Wien] am 6-ten Jul. 1822

    Euer Wohlgebohren!

     . . .

      was das Viol. quart. anbelangt, +welches noch nicht ganz vollendet,[3] da mir andres dazwischen gekommen+, so dörfte es schwer fallen, von diesem ihnen das Honorar zu verringern, indem gerade d.g. mir am Hoechsten Honorirt werden, ich möchte beynahe sagen zur schande für den großen allgemeinen geschmack, welcher in der Kunstwelt durch den Privat-Geschmack weit unter jenem öfter steht.--vieleicht aber später ein andres quartett wenn möglich -- . . . "

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Bd. 4, Brief Nr. 1478; S. 508-509; Original:  Bonn, Beethoven-Haus, Slg. Bodmer;  zu [3]: verweist darauf, dass Beethoven laut GA seit op. 95 sich nicht mehr mit mit der Komposition von Streichquartetten befasst hatte und dass die Arbeit an den letzten Quartetten erst im Sommer 1824 einsetzte*; Angaben S. 509 entnommen; *hierzu moechten wir noch Lewis Lockwoods Kommentar [S. 443] erwaehnen:  "Yet after Opus 95, composed in 1810, his only token before the last quartets was a little B-minor quartet movement that he wrote for an English visitor in 1817" [Lockwood verweist hier darauf, dass Beethovens einziger Abstecher ins Streichquartettgenre nach Op. 95 der kleine H-Moll-Quartettsatz war, den er 1817 für einen Besucher aus England komponiert hatte; Angaben S. 509 entnommen]].

In seinem Brief vom 12. Juli 1822 an Beethoven drückte C.F. Peters sein bedingtes Verständnis für Beethovens hohen Preis wie folgt aus:

"Carl Friedrich Peters an Beethoven

                                                                                                                      Leipzig den 12. July 1822

. . .

   Daß Sie Ihr Violin-Quartett hoch im Preise halten, verdenke ich Ihnen nicht, allein da ich, wie eben bemerkt, nicht abhandeln kann und das dafür verlangte Honorar für meine Kräfte zu hoch ist, so stehe ich lieber davon ab, auch pressire ich so eben nicht um neue Violin Quartetten indem ich in diesem Jahre noch 4. neue Quartetten von Spohr[9], 4 von B. Romberg[10] und 1. von Rode[11] zu drucken habe, welches alle schöne vorzügliche Werke sind, indeß um einen für mich billigern Preis hätte ich das Ihrige gern auch noch übernommen, erhalten Sie aber von einem anderen mehr dafür, nun, so entbehre ich es gern und freue mich, wenn Sie dabei profitieren. . . . "  

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Bd. 4, Brief Nr. 1480, S. 511-513; Original:  Wien, Stadt- und Landesbibliothek; zu [9]: verweist laut GA auf die drei Quartette op. 58 und das Quatuor brillant op. 61, 1822 und 1823 bei Peters erschienen; zu [10]: verweist laut GA auf Bernhard Rombergs Streichquartette Nr. 8 op. 37 und Nr. 9 op. 39, die 1823 bei Peters erschienen sind, während zwei weitere vermutlich ungedruckt blieben; zu [11]: laut GA ließ sich nicht ermitteln, welches Streichquartett von Pierre Rode gemeint ist.  Dazu bemerkt die GA noch, dass es anscheinend nicht bei Peters erschienen ist; Angaben S. 513 entnommen].

Um Beethovens Streben nach einem hohen Preis für Streichquartette richtig einzuordnen, ist es für uns hilfreich, im Zusatz zu unserer allgemeinen Vertrautheit mit Beethovens Finanzlage dieser Zeit und mit seinen   Vermarktungsversuchen der Missa solemnis, den folgenden Kommentar Barry Coopers zu lesen:

"When Beethoven finished his last phase of intensive sketching for the Missa solemnis in spring 1822, he did not immediately return to the Diabelli Variations or the Ninth Symphony, both of which he had earlier set aside.  Instead he began rounding up various works still unpublished.  He had received requests from several publishers begging him for compositions, including Artaria, Diabelli, Steiner, the Schlesingers, Carl Friedrich Peters of Leipzig . . . and Antonio Pacini of Paris . . .  Beethoven had an urgent need to sell some works, for by summer 1822 he owed money to Steiner, Artaria, Brentano, and his Brother Johann, but he had nothing new apart from the Mass.  He therefore drew up some price lists (along with Haslinger) for works that were either dug out from the past or might be written in the future.  The lists could be used either in responding to publishers or in connection with his plans for a collected edition.  . . . 

    Johann, who had acquired an estate at Gneixendorf near Krems in 1819, arrived in Vienna in late spring, and began to be involved in Beethoven's business dealings, perhaps in an effort to help him reduce his debts.  Indeed Johann may have assisted in drawing up the lists and suggesting prices. . . . " [Cooper: 298;

-- Cooper schreibt hier dass Beethoven, als er im Frühjahr 1822 mit seiner intensiven Arbeit an der Missa solemnis fertig gewesen sei, nicht sofort zu seiner Arbeit an den Diabelli-Variationen oder der Neunten Symphonie zurückgekehrt sei, sondern dass er einige noch nicht verlegte Werke zusammensuchte.  Er habe Anfragen verschiedener Verleger nach Werken erhalten, einschließlich Artaria, Diabelli, Steiner, der Schlesingers, Carl Friedrich Peters aus Leipzig und Antonio Pacini aus Paris.  Beethoven musste laut Cooper unbedingt einige Werke verkaufen, da er im Sommer 1822 bei Steiner, Artaria, Brentano und seinem Bruder Johann Schulden hatte, aber außer der Messe nichts neues vorliegen hatte.  Daher habe er, wohl auch mit Haslinger, einige Preislisten aufgestellt, und zwar für bereits komponierte Werke und für neue, noch nicht komponierte Werke.  Diese Listen dienten ihm laut Cooper dann bei seinen Verhandlungen mit Verlegern und bei seinem angestrebten Projekt einer Gesamtausgabe seiner Werke. . . .

   Sein Bruder Johann, der 1819 in Gneixendorf bei Krems ein Gut erworben hatte, traf im späten Fruehjahr 1822 in Wien ein und war bald in Beethovens Geschaefte verwickelt, wie Cooper weiter schreibt.  Vielleicht wollte er seinem Bruder helfen, seinen Schuldenberg zu verkleinern.  Coopers Meinung nach half Johann Beethoven vielleicht auch bei der Aufstellung der Preislisten und machte vielleicht sogar Preisvorschläge].

Während Thayer-Forbes [S. 814] in Bezug auf Streichquartette noch erwähnt, dass Beethoven am 2. September 1822 einen Brief von Charles Neate erhalten haben soll, der offensichtlich eine Antwort auf seine Anfrage in Bezug auf die Veröffentlichung von drei Quartetten darstelle, und während Neate es schwierig gefunden haben soll, für diese Werke Subskriptionen zu erwerben, und während Neate auch ausdrückt, dass man in London befürchtet, dass die Werke in Wien kopiert werden würden, und während Briefe von Ferdinand Ries aus der selben Zeit sich auch auf diese Quartette beziehen sollen, ergibt ein Blick auf die Liste der Beethoven'schen Korrespondenz des Jahres 1822 kein Verzeichnis einer solchen Korrespondenz in diesem Jahr.   Wir können Thayer-Forbes jedoch gewiss zustimmen, dass Beethoven sich bereits vor einem äußeren Anlass zur Komposition weiterer Streichquartette dazu entschlossen haben muss, sich wieder mit dieser Werkgattung zu befassen.  Die "practical and material incentive" kam, wie TF [S. 815] berichtet, im letzten Monat dieses Jahres von Fürst Galitzin.





Der Peterhof bei St. Petersburg



 

TF [S. 815] beschreibt Nikolaus Borissowitsch Galitzin, der 1794 in Moskau geboren wurde, als eine einflussreiche Kraft im Musikleben von St. Petersburg, der das Cello als Instrument pflegte, während seine Gattin eine passable Klavierspielerin gewesen sei.  TF beschreibt Galitzin weiter als einen glühenden Bewunderer Beethovens, der von einigen seiner Klavierwerke Arrangements für Streichinstrumente geschrieben habe.  Am 9. November schrieb Galitzin an Beethoven den folgenden Brief:

 "Fürst Nikolaus Galitzin[1] an Beethoven

                                                                                                                St. Petersburg 9. Novembre 1822.

Monsieur!

    Aussi passionné amateur de musique que grand admirateur de votre talent, je prens la liberté  de vous écrire pour vous demander Si vous ne <pas>Consentierez pas a Composer un, deux ou trois Nouveaux Quatours, dont je me ferais un plaisir de vous payer la peine [ce]* que vous jugerez a propos de marquer. j'en accepterai la dédicace avec reconnaissance.  Veuilez me faire savoir à quel banquier je dois adresser la somme que vous voulez avoir--

L'instrument que je cultive est le Violoncelle. j'attends vôtre reponse avec la plus vive impatience.  Veuilez m'adresser vortre lettre a l'adresse suivante.  Au Prince Nicolas de Galitzin, a St Petersbourg aux soins de Mrs. Stieglitz et Cie banquiers. -- je vous prie d'gréer l'arrusance de ma grande Admiration et de ma Considération distinguée.

                                                                                                                        Prince Nicolas Galitzin

A Monsieur Monsieur Louis van Beethoven a Viennes"

"Monsieur!

    Als leidenschaftlicher Amateurmusiker, der ein ebenso großer Bewunderer Ihres Talents ist, nehme ich mir die Freiheit, Ihnen zu schreiben und Sie zu fragen, ob Sie nicht der Komposition eines, zweier oder dreier neuer Quartette zustimmen, für welche Arbeit ich Ihnen gerne zahlen will, was Sie für angemessen halten.  Ich werde die Widmung mit Dankbarkeit annehmen.  Würden Sie mich bitte wissen lassen, welchem Bankier ich die Summe, die Sie erhalten mögen, zusenden soll.

Das Instrument, das ich pflege, ist das Violoncello.   Ich erwarte Ihre Antwort mit der lebhaftesten Ungeduld.  Würden Sie bitte Ihre Antwort an mich wie folgt adressieren:  An Fürst Nicolas von Galitzin in St. Petersburg, c/o Messrs. Stieglitz und Co., Bankiers.  Ich bitte Sie, meine größte Bewunderung und meine größte Hochschätzung anzunehmen.

                                                                                                                      Fürst Nicolas Galitzin"

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Band 4, Brief Nr. 1508, S. 547-548; Original:  Bonn, Beethoven-Haus, Sammlung Bodmer; zu [1]: verweist auf Nikolaus Borsisowitsch Galitzin, 1794-1866, Musikliebhaber und begabter Cellist in St. Petersburg; zu *: verweist auf Textverlust durch Siegelriss; Angaben S. 548 entnommen].

Wie TF [S. 815] berichtet, antwortete Beethoven darauf am 25. Januar.  Dazu hier der Brief im Originaltext:

"Beethoven an Fürst Nikolaus Galitzin in St. Petersburg

                                                                                                                    Vienne Le 25me Janvier 1823

Votre Altesse!

    Je n'aurais manqué de répondre plutôt a Vore lettre du 9. Nov.[1] si la foule de mes affaires me n'avait empêche de vous  écrire.  C'est avec vien du plaisir que j'ai observé que Votre Altesse s'approche des ouvrages de mon esprit.  Vous désirez d'avoir quelques quatuors; comme je vois, que vous cultivez le violoncelle, je prendrai soin de vous contenter en ce point.  Etant contraint de vivre des produits de mon esprit, il faut que je prenne la liberté de fixer l'honoraire de 50 ducats pour un quoatuor.  Si votre Altesse y consent, je la prie de bientôt m'en avertir, et d'adresser cette somme au banquier Hénikstein a Vienne, je m'oblige d'achever le 1mier quatuor a la fin du mois de Février, ou au plus tard à la mi-mars.[2]

    En vous témoignant mon vrai intérêt de votre talent de musique, je remercie Votre Altesse des  êgards qu'elle a bien voulu me marquer, en me choisiiassant pour augmenter, s'il est possible, votre amour pour la musqiue.

J'ai l'honneur d'etre de votre Altesse le tres-humble serviteur

                                                                                                                           Louis van Beethoven"

                                                                                                                      "Wien, den 25. Januar 1823

Eure Hoheit!

    Ich hätte es nicht versäumt, Ihren Brief vom 9. November früher zu beantworten, hätte nicht die Vielfalt meiner Angelegenheiten mich davon abgehalten, Ihnen zu schreiben.  Mit großem Vergnügen fand ich, dass Eure Hoheit an Werken meiner Schöpfung interessiert sind.  Sie wünschen einige Quartette zu haben; da ich sah, dass Sie das Violoncello pflegen, werde ich Sorge dafür tragen, dass Sie in dieser Hinsicht zufriedengestellt werden.  Da ich zur Bestreitung meines Lebensunterhalts auf meine Geistesprodukte angewiesen bin, muss ich mir die Freiheit nehmen, das Honorar für ein Quartett auf 50 Dukaten anzusetzen.  Falls dies Eurer Hoheit genehm ist, bitte ich Sie, mich bald davon zu unterrichten und die Summe an den Bankier Henikstein in Wien zu senden; ich verpflichte mich, das erste Quartett Ende des Monats Februar fertigzustellen oder spätestens Mitte März.

    Ihnen mein wirkliches Interesse an Ihrem musikalischen Talent ausdrückend, danke ich Eurer Hoheit für die Hochschätzung, die Sie auszudrücken gewillt waren, indem Sie mich wählten, um, falls dies möglich ist, Ihre Liebe zur Musik noch zu steigern.

Ich habe die Ehre, Eurer Hoheit sehr untertänigster Diener zu sein:

                                                                                                                         Louis van Beethoven"

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Band 5, Brief Nr. 1535, S. 11-12; Original:  Paris, Musee Adam Mickiewicz; laut GA ist das Original von der Hand des Neffen Karl und nur das Datum und die Unterschrift von Beethoven; zu [1]: Verweist auf Brief Nr. 1508; zu [2]: verweist darauf, dass es sich hierbei um das erste der drei Galitizin-Quartette, Op. 127, handelte, das erst im Februar 1825 fertiggestellt wurde; laut GA wurde das zweite, Op. 132, im Juli 1825 und das dritte, Op. 130 mit Op. 133 als Schlusssatz im Dezember 1825 vollendet; Einzelheiten S. 12 entnommen].

 Darauf meldete sich der Fürst begeistert kaum einen Monat danach [wie auch von TF, S. 924 erwähnt]:

"Fürst Nikolaus Galitzin an Beethoven

                                                                                                                       Petersbourg le 19 fevrier 1823.

Monsieur

    Votre lettre du 25 Janiver[1] nem'est parvenue qu'avant hier.  Elle m'a comblé de joie en me faisant espérer que je pourrai bientôt jouir d'une nouvelle production de votre sublime génie.[2]  J'ai donné ordre a mon banquier M. Stieglitz de faire passer a M. Henikstein la Somme de 50 ducats pour le premièr Quator.  Incessament j'en ferrais passer encore 100 pour deux autres.

   Dans l'impatience où je Suis de gouter vos chefs d'ouvres, je prens la liberté de vous supplier de m'expedier le 1er Quatuor des qu'il sera achevé, même avant qu'il soit livré a la presse.  Je prens l'engagement avec nous de ne le Communiquer  à personne, pour que vous ayez tous les avantages possibles en le vendant a l'imprimeur, et pour que je ne Sois pas un obstacle au prix qu'il vous offrira.

   La voie ordinaire peut quelque fois être lente, ains je vois Conseillerais de remettre cette musique où a la legtion russe Vienne, où au ministére des affaires Etrangéres pour  être envoyé a la légation d'Autriche à Petersbourg.  Ces deux moyens sont prompts et infaillibles vù les Coummunicaitons fréquentes entre les deux Cours.  Au reste si M. henikstein veut se charger de l'envoi, je regarderai ce moyen Comme plus sûr encore. -- Je laisse céla entierement a vôtre choix persuadé que vos voudres bien Contenter l'impatience d'un des vos admirateurs les plus passionés et qui a joui de momens biens doux en s'appliquant aux Conception de vôtre Esprit.

   Je vous prie de me Croire, Monsieur, avec toute l'admiration que je vous porte

   vôtre trèes humble serviteur

                                                                                                                        Prince Nicolas Galitzin

A Monsieur  Monsieur Louis van Beethoven Bauernmarkt Vienne <Bauernmarkt Nro 581"

                                                                                                                           "Petersburg, den 19. Februar 1823

Sehr geehrter Herr!

    Ihr Brief vom 25. Januar ist erst gestern eingetroffen.  Er hat mir Freude gemacht und läßt mich hoffen, dass ich bald ein neues Produkt Ihres erhabenen Genies spielen können werde.[2]  Ich habe meinem Bankier, M. Stieglitz, den Auftrag gegeben, an M. Henikstein die Summe von 50 Dukaten für das erste Quartett zu senden.  In Kürze werde ich noch 100 für zwei andere anweisen lassen.

   Mit der Ungeduld, mit der ich Ihre Werke genieße, nehme ich mir die Freiheit Sie zu bitten, mir das erste Quartett, das Sie fertigstellen werden, noch vor der Ablieferung an den Verleger zuzusenden.  Ich verspreche Ihnen, mit niemandem darüber zu sprechen, damit Sie alle Vorteile haben im Verkauf des Werks an den Verleger, und damit ich kein Hinderniss hinsichtlich des Preises bin, für den Sie das Werk anbieten werden.

   Da der übliche Lieferweg oft sehr langwierig sein kann, rate ich Ihnen, diese Musik an die russische Botschaft in Wien abzuliefern, oder an das Aussenministerium, so dass es an die österreichische Botschaft in Petersburg geschickt werden kann.  Diese beiden Wege sind prompt und sicher angesichts der häufigen Kommunikation zwischen den beiden Höfen.  Außer dass sich M. Henikstein der Sendung annehmen will, betrachte ich diesen Weg noch als den sichersten,  Ich überlasse dies ganz Ihrer Wahl in der Überzeugung, dass Sie die Ungeduld eines Ihrer leidenschaftlichsten Bewunderer, der durch das Eintauchen in das Konzept Ihres Geistes glückliche Augenblicke verbringt, verstehen werden.

    Ich bitte Sie, mir zu glauben, mein Herr, dass ich mit aller Bewunderung

    Ihr bescheidenster Diener bin.

                                                                                                                            Fürst Nicolaus Galitzin

An Herrn Herrn Louis van Beethoven Bauernmarkt Wien <Bauernmarkt Nro 581"

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Band 5, Brief Nr. 1574, S. 49-50; Original:  Wien, Wiener Beethoven-Gesellschaft; zu [1]: verweist auf Brief Nr. 1535; zu [2]:  verweist darauf, dass Beethoven Galitzin versprochen hatte, bis Ende Februar/Mitte März 1823 das erste von drei Streichquartetten zu vollenden und ihm zuzusenden; Angaben S. 50 entnommen].

Fürst Galitzins Ungeduld spricht auch aus seinen nächsten Zeilen vom 5. März 1823:

"Fürst Nikolaus Galitzin an Beethoven

                                                                                                                    [St., Petersburg, 5. März 1823]

Monsieur.

    Vous devez avoir reçu par M. Henikstein[1] la Somme de 50# honorarie fixé pour le 1er Quatuor.[2]  J'espére que vous [ne]* tarderez pas à me fair jouir d'une sublime production ([de]* votre esprit.  J'ai marqué à M. Henikstein par quelle voie je désirais que l'envoi me soit expedié, et je lui ai donné mon adresse.  Quand vous avez achevé, vous pouvrez tout de Suite vendre vôtre production à un éditeur de musique, parcequ'il n'entre pas dans mes projets de faire tort  à vos interest; je ne demande pour moi que la dédicace et un  éxemplaire manuscrit dès que vous avez fini.  Veulliez commencer le 2d Quatuor,[3] et m'en avertir, alors je vous expedierai de Suite encore 50#.--

    Quoique je ne sois pas assez fort dans la langue allemande pour l'écrire, je la comprends assez pour desirer que vous réepondiez à ma lettre en allemand et de votre main, pour que j'aie le plaisir d'avoir une lettre autographe de votre part.[4]

Agréez, Monsieur, l'assurance de mon admiration et de ma Considération.

Votre tres humble serviteur

                                                                                                                    Prince Nicolas Galizin.

Petersbourg ce 5 Mar 1823"

"Monsieur,

   Sie müssen durch M. Henikstein[1] die festgesetzte Summe von 50# für das erste Quartett[2] erhalten haben.  Ich hoffe, dass Sie nicht zögern werden, mir eine erhabenes Produkt Ihres Geistes zu liefern.  Ich habe M. Henikstein angegeben, auf welchem Weg mir die Sendung zugestellt werden soll, und ich habe ihm meine Adresse mitgeteilt.  Wenn Sie das Werk fertiggestellt haben, können Sie es sofort an einen Musikverleger verkaufen, da es nicht meine Absicht ist, Ihren Interessen im Weg zu stehen; ich verlange nicht, dass es mir gewidmet wird und dass ich ein Exemplarmanuskript erhalte, wenn es fertig ist.  Wenn Sie das zweite Quartett[3] beginnen und mir dies anzeigen, werde ich sofort weitere 50# anweisen lassen.--

   Obwohl ich der deutschen Sprache nicht mächtig genug bin, um in ihr zu schreiben, verstehe ich genug von ihr, um zu wünschen, dass Sie mir einen deutschen Brief in Ihrer Handschrift senden, damit ich das Vergnügen habe, einen Brief von Ihrer Hand zu besitzen.[4]

Monsieur, seien Sie bitte meiner Bewunderung und meiner Achtung versichert.

Ihr sehr bescheidener Diener

                                                                                                                    Fürst Nikolaus Galtizin

Petersburg, den 5 Maerz 1823"

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Bd. 5, Brief Nr. 1605, S. 84-85; Original:  Wien, Wiener Beethoven-Gesellschaft; * verweist auf Textverlust durch Beschädigung am Rand; zu [1]: verweist auf Joseph Ritter von Henikstein, Großhändler und Bankier in der Wiener Kärntnerstrasse; zu [2]: dazu verweist die GA auf Brief Nr. 1535 vom 25. Jan. 1823 und darauf, dass Beethoven das erste Streichquartett Op. 127 erst Ende März 1825 an Galitzin ablieferte, und auch darauf, dass das angewiesene Honorar im Herbst 1823 für das Subskriptionsexemplar der Missa solemnis angerechnet wurde, dazu Verweis auf Brief Nr. 1746; zu [3]: verweist darauf, dass das zweite für Galitzin bestimmte Streichquartett, Op. 132, erst 1825 entstand; zu [4]: verweist darauf, dass Beethoven mit Fürst Galitzin weiterhin in französischer Sprache korrespondierte und dass sein Neffe Karl die Briefe schrieb; Einzelheiten S. 85 entnommen].

Aus unserer Entstehungsgeschichte zur Missa solemnis wissen wir jedoch auch, dass Beethoven zu dieser Zeit sehr mit seinen Subskriptionseinladungen an die europäischen Fürstenhäuser beschäftigt war.  So verwundert es uns nicht, dass er, trotz der Geldanweisung des Fürsten, Streichquartette in diesem Monat nicht im Kopf zu haben schien.  Vielmehr spannte er auch seinen neuen Freund und Gönner in dieser Sache ein:

"Beethoven an Fürst Galitzin in St. Petersburg

                                                                                                                    [Wien, 25. März 1823]1]

[Laut GA bittet Beethoven Galitzin, Zar Alexander die beigelegte Einladung zur Subskription der Missa solemnis zu übermitteln.]"

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Bd. 5, Brief Nr. 1619, S. 99; Original: nicht bekannt, Brief laut GA erschlossen aus Brief Nr. 1658 und einigen Eintragungen in den Konversationsheften; Angabe S. 99 entnommen].

Wie reagierte der Fürst darauf?  Er freute sich über Beethovens Zutrauen, ihn einzuschalten, verbarg aber auch seine Ungeduld auf das erste Streichquartett nicht ganz:

"Fürst Nikolaus Galitzin an Beethoven

                                                                                                                 [St. Petersburg, 28, Mai 1823][1]

   J'ai reç, Monsieur, votre aimable lettre,l2] qui m'a causé bien du plaisir, et a augmenté s'il le peut, tout l'intérêt que je vous port. -- J'ai fait remettre vôtre lettre à sa haute destination,[3] et quand je saurai la response, qu'ya a été faite, je m'empresserai de vous la communiquer.[4] Il m'etait venu en idée de pouvoir vous être utile d'une manière plus frofitable et plus facile, c'est de faire dans la société d'içi une Souscription pour vôtre messe[5] mais je n'ai pas voulu le faire sans votre autorisation.  Si cela peut vous convenir, veuillez m'envoyer un prospectus de souscription auquel je charcherai quelques abonnés, ce qui sera facile à trouver et qui pourra vous rapporter quelcue argent sur le quel vous ne comptiez pas.  J'espère que vos contenterez bientôt mon extrême impatience, en me rendant possesseur d'un nouveau chef-d'oeuvre de votre fertile et sublime génie.[6]

Agréez, Monsieur, l'expression de ma considération distingué

                                                                                                                   Prince Nicolas Galitzin"

   "Monsieur, ich habe Ihren freundlichen Brief[2] erhalten, der mir viel Vergnügen bereitete und der, falls dies möglich ist, mein ganzes Interesse, das ich für Sie hege, noch steigerte. -- Ich habe Ihren Brief an seinen hohen Bestimmungsort weitergeleitet[3] und wenn ich die Antwort erhalten werde, werde ich Sie Ihnen mitteilen.[4]  Es ist mir eine Idee gekommen, wie man in unserer hiesigen Gesellschaft eine Subskription auf Ihre Messe[5] auf eine sehr leichte und einträgliche Weise gestalten könnte, wollte dies aber ohne Ihre Genehmigung nicht in die Wege leiten.  Falls Ihnen dies zusagt, wollen Sie mir bitte eine Subskriptionseinladung zuschicken, auf die hin ich einige Abonnenten suchen werde, die leicht aufzutreiben sein werden und welche Ihnen Geld einbringen könnten, auf das Sie nicht gerechnet hatten.  Ich hoffe, dass Sie meine extreme Ungeduld befriedigen werden und mich zum Besitzer eines neuen Werks Ihres erhabenen Genies machen werden.

    Monsieur, nehmen Sie bitte meine vorzügliche Hochachtung entgegen.

                                                                                                                    Fürst Nikolaus Galitzin"

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Bd. 5, Brief Nr. 1658, S. 133; Original:  nicht bekannt, Text nach TDR V, S. 553 f.; zu [1]: verweist auf Datum nach TDR; zu [2]: verweist auf Brief Nr. 1619 vom 25. März 1823, der nicht erhalten geblieben ist, siehe oben; zu [3]: verweist auf die Subskriptionseinladung an Zar Alexander I.; zu [4]: verweist auf Brief Nr. 1664 vom 2. Juni 1823; zu [5]: verweist darauf, dass Beethoven wohl auf diese Anregung hin eine Subskriptionseinladung an die Philharmonische Gesellschaft in St. Petersburg richtete; zu [6]: verweist darauf, dass Galitzin bei Beethoven drei Streichquartette in Auftrag gegeben hatte, dazu auch Verweis auf Brief Nr. 1508 vom 9. November 1822 und Brief Nr. 1535 vom 25. Jan. 1823; Einzelheiten S. 133 entnommen].

Wie in seiner Antwort an Beethoven angekündigt, meldete sich Galitzin in Bezug auf die Annahme der Subskriptionseinladung durch den Zaren, sobald dies angesagt war:

"Fürst Nikolaus Galitzin an Beethoven

                                                                                                                  [St. Petersburg, 2. Juni 1823][1]

    Je m'empresse, Monsieur, de vous annoncer que vôtre lettre[2] à été  remise a sa Majesté, et qu'Elle a daigné accéder à la demande que vous lui faites -- Les ordres seront donnés au ministére des affaires étrangères pour vous faire connaitre la décision de S.M. par l'entremise de nôtre legation à Vienne.

   Agréez l'expression de ma considération distinguée

                                                                                                                   Prince Nicolas Galitzin"

   "Monsieur, ich teile Ihnen mit, dass Ihr Brief an Seine Majestät weitergeleitet wurde, und dass diese Ihre Einladung anzunehmen gedenkt. -- Der Befehl ist an das Außenministerium erteilt worden, Ihnen die Entscheidung Seiner Majestät durch die Legation in Wien mitteilen zu lassen.

    Nehmen Sie bitte meine vorzügliche Hochachtung entgegen.

                                                                                                                  Fürst Nikolaus Galitzin"

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Bd. 5, Brief Nr. 1664, S. 141; Original:  nicht bekannt, Text nach TDR V, S. 554; zu [1]: verweist auf Datierung nach TDR; zu [2]: verweist auf eine Subskriptionseinladung Beethovens an den Zaren Alexander I. in Bezug auf die Missa solemnis; Angaben S. 141 entnommen].

Am 21. Juni schrieb Beethoven dann seine offizielle Einladung an die Philharmonische Gesellschaft in St. Petersburg in Bezug auf die Missa solemnis, die in der Henle-Gesamtausgabe als Brief Nr. 1676 verzeichnet ist.

"Fürst Nikolaus Galitzin an Beethoven

                                                                                                                   [St. Petersburg, 3. August 1823][1]

   Excusez moi, Monsieur, si j'ai été quelque tems sans répondre a vôtre dernière lettre,[2] des chagrins domestiques, qui ne sont pas encore dissipés en ont  été la cause.  Une maladie cruelle qui depuis un mois menace tous les jours, d'emporter un enfant unique[3] que j'ai, m'à distrait de toute autre occupation.  Déjà vous aves dû recevoir une lettre de moi ou je vous annonçai que S.M. avait daigné  souscrire à vôtre oeuvre.[4]  En vous demandant a m'autoriser à vous trouver des souscriptions dans la Société j'ai pensé que vous changerez le plan de souscription perceque les amateurs de musique que je connais ne seraient pas en état de donner 50# pour une partition écrite.  Mais l'exemplaire à 4 ou 5 ducats on pourrait peut étre trouver une cinquantaine de souscriptions, ce qui serait plus facile que de trouver 4 ou 5 personnes qui consentissent à faire une dépense de 50#.  Tout ce que je puis faire c'est de vous prier de me mettre au nombre de vos souscripteure, et de m'envoyer un exemplaire dès que vous pouvez, afin que je puisse faire l'exécuter au concert pour les veuves des musiciens qui a lieu tous les ans vers Noël.[5]  Je vous suis infinement reconnaissant d'avoir pensé à m'envoyer vos deux dernières productions pour le piano.[6]  ma femme[7] qui cultive cet instrument et qui est aussi une de vos grandes admiratrices, s'en rejouit d'avance.

    Adieu, Monsieur, recevez l'assurance de tous les voeux que je forme pour vôtre santé et votre prospérité.

Vortre bien dévoué serviteur

                                                                                                                    P. Nicolas Galitzin"

  "Entschuldigen Sie, Monsieur, wenn einige Zeit verging, ohne dass ich Ihren Brief beantwortete,[2] häusliche Sorgen, die noch nicht vorbei sind, waren die Ursache.  Eine grausame Krankheit, die seit einem Monat jeden Tag die Gefahr mit sich brachte, unser einziges Kind mit sich zu reißen, hat jede andere Beschäftigung verhindert.   Sie müssten meinen Brief, mit dem ich Ihnen mitteilte, dass Se. Majestät gedenkt, eine Subskription auf Ihr Werk anzunehmen, bereits erhalten haben.[4]    Indem ich Sie bitte, mir die Erlaubnis zu geben, Subskriptionen in unserer [Philharmonischen] Gesellschaft zu finden, denke ich, dass Sie vielleicht den Subskriptionspreis ändern könnten, da die Musikfreunde, die ich kenne, nicht in der Lage sein werden, 50# für eine Partiturkopie zu zahlen.  Aber für einen Preis von 4 oder 5 Dukaten pro Exemplar kann man fünfzig Subskribenten finden, was leichter ist, als 4 oder 5 Personen zu finden, die 50# ausgeben können.  Alles, was ich noch machen kann, ist, Sie zu bitten, mich in die Reihe Ihrer Subskribenten aufzunehmen und mir, sobald Sie können, ein Exemplar zuzusenden, damit ich das Werk beim Benefizkonzert für die Musikerwitwen, das jedes Jahr gegen Weihnachten stattfindet, aufführen lassen kann.[5]   Letztlich bin ich Ihnen dankbar, dass Sie mir Ihre zwei letzten Klavierwerke zugesandt haben.[6]  Meine Frau [7], die dieses Instrument spielt, und die auch eine Ihrer größten Bewunderinnen ist, freut sich schon sehr darauf.

    Leben Sie wohl, Monsieur und nehmen Sie die Versicherung aller meiner guten Wünsche für Ihre Gesundheit und Ihr Wohlergehen entgegen.

    Ihr Ihnen sehr ergebener Diener

                                                                                                                      F. Nikolaus Galitzin"

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Bd. 5, Brief Nr. 1724, S. 208-209; Original: nicht bekannt, Text nach TDR V, S. 554 f.; zu [1]: verweist auf Datum nach TDR; zu [2]: verweist darauf, dass es sich nicht ermitteln lässt, auf welchen Brief sich Galitzin bezieht; zu [3]: verweist darauf, dass der Name des Kindes nicht bekannt ist; zu [4]: verweist auf Brief Nr. 1664 vom 2. Juni 1823; zu [5]: verweist wohl auf die erste und vollständige Aufführung der Missa solemnis, die erst am 7. April 1824 stattfand; zu [6]: verweist auf Druckexemplare zu op. 111 und op. 120, die Beethoven wohl im letzten Brief angekündigt hatte; zu [7]: verweist auf Elena Alexandrowna Saltikowa; Einzelheiten S. 209 entnommen].

Daraufhin bat Beethoven zunächst um Anweisung von 50 Dukaten als Honorar für die Partiturabschrift:

"Beethoven an Fürst Nikolaus Galiztin in St. Petersburg

                                                                                                        [Baden, 17. September 1823]

[Laut GA bittet Beethoven um Anweisung von 50 Dukaten als Honorar für die subskribierte Partiturabschrift der Missa solemnis auf das Bankhaus Henikstein.[1]"

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Bd. 5, Brief Nr. 1743, S. 229-230; Original:  nicht bekannt; Brief laut GA erschlossen aus Brief Nr. 1746 vom 3. Oktober 1823 und aus BHh 4, S. 148; zu [1]: verweist darauf, dass bei Henikstein bereits 50 Dukaten als Honorar für ein von Galitzin bestelltes Streichquartett lagen und dass Henikstein wahrscheinlich nicht bereit war, das Geld ohne ausdrückliche Anweisung des Fürsten für die Messe auszuzahlen; Angaben S. 230 entnommen].

In seiner Antwort an Beethoven verweist Fürst Galitzin auf die bereits angewiesenen 50# und darauf, dass das Bankhaus Henikstein diese Beethoven zukommen lassen solle:

"Fürst Nikolaus Galitzin an Beethoven

                                                                                                          [St. Petersburg, 3. Oktober 1823][1]

    Je reçois a l'instant vôtre lettre du 17.[2] et je m'im[resse d'y réepondre, et d'enjoindre à la maison Henikstein de vous remettre immediatement les 50 # que je croyais depuis longtems à vote disposition.[3]  Tachez seulement qu'elle me soit expédiée au plus tôt pour qu'elle puisse  être exécutée ici pour Noël.[4] -- J'arrive dans ce moment d'un long voyage que j'ai fait dans les provinces meridionales de la Russie pour retablir un peu la santé de ma femme, fortement enbranlée par la perte qu'elle a faite de son enfant.[5] -- De toutes les pertes qu'on peut essayer dans ce bas monde, celle de son enfant et assurément le plus sensible.  Mais enfin on n'est pas ici bas pour les plaisirs, et Dieu ne vous ôte rien qu'il ne nous rende au centuple dans cette vie où dans l'autre.  J'espère que les infirmites dont vous souffrez recevreont un considerable soulagement par la cure des bains de Baaden, qui me sont bien connues, ayant passé mon enfance à Vienne depuis 1804 à 1806. -- Je joins içi une lettre pour Monsieur Henikstein[6] et je vous prie de me faire savoir pour quelle  époque vous avez besoin de 150 ducats pour les Quatuors[7] et je vous les ferai tenir directement.  Agréez l'assurance de ma haute estime et des sentiments d'un parfait devouement.

                                                                                                                     Pce. Nicolas Galizin."

    "Ich erhielt gerade Ihren Brief vom 17.[2] und ich beeile mich, ihn zu beantworten und dem Haus Henikstein aufzutragen, Ihnen sofort die 50# zukommen zu lassen, die ich schon lange zu Ihrer Disposition bestimmt hatte.[3]  Sorgen Sie nur dafür, dass mir [das Werk] so schnell wie möglich zugesandt wird, damit ich es hier zu Weihnachten aufführen lassen kann.[4]  -- Ich komme gerade von einer langen Reise in die südlichen Provinzen Russlands zurück, wo ich versuchte, die Gesundheit meiner Gattin wieder etwas herstellen zu lassen, die durch den Verlust ihres Kindes stark beeinträchtigt war.[5] -- Von allen Verlusten, die man auf der Welt erleiden kann, ist der des eigenen Kindes sicherlich der empfindlichste.  Aber schließlich sind wir nicht zum Vergnügen hier, und Gott nimmt uns hier nichts weg, was er uns nicht im nächsten Leben hundertfach wiedergeben wird.  Ich hoffe, dass die Krankheiten, an denen Sie leiden, durch Ihren Kuraufenthalt in Baden, das mir durch meinen Aufenthalt in Wien in meiner Kindheit zwischen 1804 und 1806 gut bekannt ist, etwas gelindert werden; ich lege hier einen Brief an Herrn Henikstein[6] bei und bitte Sie, mir mitzuteilen, zu welcher Zeit sie die 150 Dukaten für die Quartette[7] benötigen werden, und ich werde sie Ihnen direkt zustellen.  Nehmen Sie bitte die Versicherung meiner Hochachtung und meiner Ergebenheit entgegen.

                                                                                                                   Fst. Nikolaust Galitzin"

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Bd. 5, Brief Nr. 1746, S. 231-232; Original;  nicht bekannt, Text nach TDR V, S. 555f.; zu [1]: dazu verweist die GA auf die Datumsangabe durch TDR mit "23. September/3. Oktober", wobei das zweite Datum dem römisch-gregorianischen Kalender entspricht; zu [2]: verweist auf Brief Nr. 1743, der nicht erhalten blieb; zu [3]: verweist darauf, dass Galitzin bereits im Februar 1823 50 Dukaten angewiesen hatte, die jedoch für das erste von ihm bei Beethoven in Auftrag gegebene Streichquartett bestimmt waren; zu [4]: verweist auf die Partiturabschrift der Missa solemnis, auf die Galitzin subskribiert hatte; zu [5]: verweist auf Brief Nr. 1724 und darauf, dass der Name des Kindes nicht bekannt ist; zu [6]: verweist darauf, dass dieser Brief nicht erhalten ist; zu [7]: verweist darauf, dass der Betrag erst 1825/26 bei Ablieferung der drei Galitzin-Quartette, op. 127, op. 132 und op. 130 fällig wurde; Einzelheiten S. 232 entnommen].

Seine Zeilen vom gleichen Tag an das Bankhaus bestätigen dies:

"Fürst Nikolaus Galitzin an Henikstein & Comp.

                                                                                                              [St. Petersburg, 3. Oktober 1823]

[Laut GA gibt Galitzin die Anweisung, dass die 50 Dukaten, die bereits im Februar 1823 überwiesen worden waren und für das erste Streichquartett bestimmt gewesen waren, an Beethoven gegen Übergabe einer Partiturabschrift der Missa solemnis auszuzahlen sind, und dass bei Ablieferung eines der von ihm bestellten Streichquartette Henikstein auf Galitzins Rechnung nochmals 50 Dukaten an Beethoven auszahlen soll]."

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Bd. 5, Brief Nr. 1747, S. 232; Orignal:  nicht bekannt, erschlossen aus Brief Nr. 1749 und Brief Nr. 1746].

Wie TF [S. 924] berichtet, bestätigt der folgende Brief des Hauses Henikstein an den Fürsten, dass dieser der Neubestimmung des Honorars für die Partitur der Missa solemnis anstatt für das erste Streichquartett zugestimmt hatte:

"Henikstein & Comp an Fürst Nikolaus Galitzin in St. Petersburg

                                                                                                                   Vienne 25. Oct. 1823.

Monseigneur.

    Nous avons l'honneur d'accouser la reception de la gracieuse Lettre de V.[otre] A.[ltesse] en Date du 3. curant,[1] et d'accompagner en méme temps quittance de Mr. L. v. Beethoven de 50# en or, effectifs,[2] que nous lui avons payés d'ordre et pour compte de V.A. comme honorarie de la Messe[3] que nous avoins expédiée par l'entremise de la haute chancellerie d'Etat. -- Nous observons en outre qu'à mesure q'un des 4 Quatuors[4] sera termine, V.A. nous en fera passer le montant, et la prions de vouloir bien agréer etc. etc."

"Monseigneur.

    Wir haben die Ehre, den Empfang des gnädigen Schreibens Ihrer Hoheit vom 3ten dieses [1] zu bestätigen und zur gleichen Zeit die Quittung von Me. L. v. Beethoven über 50# Gold[dukaten] mitzusenden, die Sie ihm durch Ihr Konto als Honorar für die Messe[3] gezahlt haben, die wir in der Zwischenzeit durch die Vermittlung der hohen Staatskanzlei expediert haben. -- Ansonsten möchten wir noch bemerken, dass wir, sobald eines der 4  Quartette[4] fertig sein wird, den Betrag abrechnen werden und hoffen, dass Sie damit ,blockquote>einverstanden sind usw. usw."

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Bd. 5, Brief Nr. 1749, S. 233; Original: nicht bekannt, Text nach TDR V, S. 556; zu [1]: verweist auf Brief Nr. 1747, der nicht erhalten ist; zu [2]: verweist darauf, dass die Quittung vom 22. Oktober 18123 datiert; zu [3]: verweist auf die am 3. 8.123 subskribierte Partiturabschrift der Missa solemnis; zu [4]: verweist darauf, dass Galitzin lediglich drei Streichquartette bestellt hatte und dafür ein Honorar von je 50 Dukaten zugesagt hatte, dazu GA-Verweis auf Brief Nr. 1508 und Nr. 1535 vom 9. Nov. 1822 und 25.1.1823; Angaben S. 233 entnommen].

TF [S. 924] geht auch auf die Antwort des Fürsten ein, aus der wir die hier relevanten Passagen aus dem Originaltext zitieren:

"Fürst Nikolaus Galitzin an Beethoven

                                                                                                                         Petersbourg ce 29 novembre 1823.

J'ai reçu avec une joie inexprimable, Monsieur la messe que vous venez de composer,[1] . . . 

. . . Je suis bien impatient de posseder un quotuor nouveau de vous,[6] mais je vous prie due reste de n'y pas faire attention, et de ne Consulter la dessus que vos inspiration et les disposition de vôtre esprit.  Car personne mieuz que moi ne sait qu'on ne Commande pas au Genie, mais qu'il faut le laisser faire, et nous savons du reste que dans vôtre vie privêe vous n'êtes pas homme à Sacrifier l'interêt de l'art a l'interêt personnel, et que de la musique de Commande n'est point vôtre fait. -- Je vous prie seulement de vous rappeler de moi dans vos moments d'inspirations. . . . "

"Monsieur, ich habe mit einer unaussprechlichen Freude die Messe erhalten, die Sie komponiert haben,[1] . . . 

. . . Ich bin sehr ungeduldig auf ein neues Quartett von Ihnen,[6] aber ich bitte Sie, dem keine Beachtung zu schenken und nur Ihrem Geist und Ihrer Inspiration zu folgen, denn bessere Menschen als ich wissen, dass man ein Genie nicht zwingen kann, sondern es walten lassen muss, und wir wissen auch, dass Sie ein Mann sind, der in seinem Leben das Interesse der Kunst nicht den Interessen des Privatlebens opfert, und dass Sie Musik nicht auf Kommando produzieren können. -- Ich bitte Sie nur, sich in den Augenblicken Ihrer Inspiration an mich zu erinnern. . . . "

[Quelle:  Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe, Bd. 5, Brief Nr. 1752, S. 234 - 236; Original:  Bonn, Beethoven-Haus; zu [1]: verweist darauf, dass die von Galitzin subskribierte Partiturabschrift der Missa solemnis nach dem 22. Oktober 1823 durch die russische Gesandtschaft in Wien nach St. Petersburg übersandt worden war; zu [6]: verweist darauf, dass Galitzin am 9. November 1822 drei Streichquartette bei Beethoven bestellt hatte; Angaben S. 235-236 entnommen].

Wie Beethoven sein Genie weiter walten ließ, ist Gegenstand unserer Entstehungsgeschichten zur Neunten Symphonie, während wir in unserer nachfolgenden Entstehungsgeschichte zum ersten Galitzin-Quartett, Op. 127, darauf eingehen werden, wie er danach in Augenblicken seiner Inspiration sich an dessen Auftraggeber erinnerte.



ZU UNSERER ENTSTEHUNSGESCHICHTE VON OP. 127